Unsere Körper sind mit einer natürlichen Fähigkeit ausgestattet, die uns hilft, Stress zu regulieren. Regulieren bedeutet, dass Energie im Körper regelmäßig (und nicht „chaotisch“) verbraucht und neu erzeugt wird. Bei einer guten Regulation haben wir die passende Menge Energie, um mit unserer aktuellen Situation umzugehen.
REGULATION: Gleichgewicht zwischen Energie-Einnahmen und -Ausgaben
Hierbei spielt das Nervensystem eine wichtige Rolle. Es funktioniert wie eine superschnelle Leitung, die Signale zwischen Gehirn und dem Rest des Körpers funkt. Diese Signale helfen dem Körper, sich an alles anzupassen, was auf uns zukommt. Das passiert automatisch, ohne dass wir darüber nachdenken müssen.
Diese Kurve hilft, sich die Arbeit des Nervensystems vorzustellen:

Adaptiert von der Originalarbeit von D. Siegel, 1999
Sie beschreibt das Wechselspiel zwischen Leistung und Erholung, das der Körper tagtäglich für uns leistet. Bei Leistung gibt der Körper Gas: Die Kurve geht nach oben. Bei Erholung bremst der Körper: Die Kurve geht wieder nach unten.
Leistung oder „Gasgeben“ kostet Energie.
Bei Erholung kann der Körper bremsen und neue Energie erzeugen.
Solange die Kurve geschmeidig verläuft, haben wir genug Energie, um trotz Stress gut mit uns selbst und mit anderen umgehen. Das macht sich körperlich, in Gedanken, in Gefühlen und im Verhalten bemerkbar.
DYSREGULATION: Aus dem Gleichgewicht
Bei hoher Belastung muss der Körper mehr leisten. Dann geht die Kurve steil nach oben. Der Körper gibt Gas und damit mehr Energie aus. Das ist oft sinnvoll, zum Beispiel beim Wettkampf oder wenn wir uns vor Gefahren schützen müssen.
Bei extremer Belastung verläuft die Kurve nicht mehr geschmeidig. Dann läuft der Körper auf Hochtouren. Für kurze Zeiten ist das oft sinnvoll, zum Beispiel wenn wir in Gefahr sind oder etwas Schweres schaffen müssen. Aber wenn es lange anhält, wird es unangenehm.
DYSREGULATION ist, wenn die Kurve nicht mehr geschmeidig verläuft. Auf Dauer kostet das sehr viel Energie. Das geht nicht nur auf Kosten unseres körperlichen Wohls, sondern oft auch auf Kosten unserer Beziehungen zu Freunden, Familie und Kolleg:innen.

Das kann der Körper nur für eine gewisse Zeit leisten. Wenn wir unsere Energie-Reserven überzogen haben, arbeitet das Nervensystem ebenfalls schwer. Dabei fühlen viele Leute sich gleichzeitig erschöpft und angespannt.
Wenn das Nervensystem aus dem Gleichgewicht ist, kostet es viel Energie, besonnen zu handeln und gut für sich und füreinander zu sorgen. Es kann sogar passieren, dass es über eine längere Zeit gar nicht gelingt. Das macht sich bei der Gesundheit bemerkbar, aber auch an anderen Problemen, insbesondere bei unseren Beziehungen zu anderen Menschen.
Deshalb kann es für Menschen in Teams, Familien, oder anderen Gruppen hilfreich sein, dieses Wissen miteinander zu teilen:
Dysregulation passiert, wenn wir mehr Energie ausgeben müssen, als wir haben. Es ist eine natürliche Reaktion auf ungewöhnliche Umstände und kein Zeichen von Schwäche.
Jeder von uns hat eine individuelle Stress- und Erholungskurve. Wie geschmeidig sie ist, kann sich je nach äußeren Umständen verändern.
Bei zu langer Überlastung kann bei jedem Menschen die Kurve Geschmeidigkeit verlieren. Das das heißt, dass es selbst kleine Belastungen zu einer Dysregulation führen können.
Die gute Nachricht ist: Auch nach starker Stressbelastung kannst Du Deine Stress- und Erholungskurve wieder geschmeidig trainieren. Ähnlich wie ein Garten, der nach einem schweren Sturm ein bisschen mehr Fürsorge braucht, als sonst.

TIPP:
Um diese natürliche Fähigkeit Deines Körpers zu trainieren, kannst Du Dich ab und zu zu fragen:
- Was ist gerade aktiver, die Bremse oder das Gaspedal?
- Ist es angenehm, unangenehm, oder neutral?